Suche
Close this search box.
Bild: Antactic Research Trust

Die Spezialisten von Feuerland

Sie sind anders als alle anderen ihrer Art: die Königspinguine von Bahía Inútil. Was die Kolonie einzigartig macht, woher das Wissen darüber kommt und was der Zoo Zürich damit zu tun hat, berichten wir hier.

Um Tiere in der Natur erfolgreich schützen zu können, müssen wir wissen, wie sie leben. Dafür braucht es Forschung. Einer, der sich ganz dieser Aufgabe verschrieben hat, ist Klemens Pütz, Wissenschaftlicher Direktor des Antarctic Research Trust ART und einer von 17 Naturschutzbotschafterinnen/-Botschafter des Zoo Zürich. Er erforscht Pinguine – und aktuell eine ganz besondere Kolonie: Die Königspinguine in Bahía Inútil an der chilenischen Magellanstrasse bilden die am weitesten vom Südpolarmeer entfernte Kolonie ihrer Art und die einzige in Chile. Diese Königspinguine sind anders als ihre Artgenossen: Sie jagen anders, ernähren sich anders und keine andere Kolonie lebt derart abseits und weit entfernt vom offenen Ozean.

Die Königspinguin-Kolonie von Bahía Inútil besteht erst seit 2010. Zwar waren schon zuvor immer mal wieder einzelne Königspinguine an diesem Ort anwesend. Aber erst 2010 wurde mit der ersten Eiablage die Brutkolonie gegründet.

In den darauffolgenden Jahren gab es mehrere Brutversuche in der inzwischen etwa 50 Brutpaare zählenden Kolonie. Die Vögel legten Eier, Küken schlüpften. Eine erfolgreiche Aufzucht gelang aber erst 2015. Davor hatten die Anwesenheit von Raubtieren wie Graufuchs, Andenschakal, Nerz sowie Krankheiten das erfolgreiche Aufziehen der Küken immer wieder verhindert.

Pinguine als Souvenir
Und auch die Anwesenheit des Menschen war ein Problem. Nicht nur störten Menschen die Tiere immer wieder; einige fingen die Pinguine sogar ein und verkauften sie als Souvenir. Inzwischen steht das Gebiet dank einer privaten Initiative unter Schutz. Touristen können es nur noch unter strengen Auflagen und aus der Distanz besuchen. Dadurch konnte die Kolonie auf über 200 Tiere anwachsen.

Sprotten auf dem Menüplan
Vor allem die Lage macht die Kolonie besonders. Es gibt keine andere Brutkolonie von Königspinguinen, die derart weit entfernt vom offenen Meer liegt – über 300 Kilometer. Statt in völliger Abgeschiedenheit leben die Pinguine nahe der Zivilisation, inmitten von Guanakos und Bibern und an einem für ihre Art eher warmen und durch Dünen geschützten Ort.

Für die Forschung erhielten manche der Feuerland-Königspinguine eine Kamera montiert. Diese machten spektakuläre Aufnahmen von den Jagdausflügen der Vögel im Wasser.


Die Pinguine haben ihr Verhalten an diese besonderen Bedingungen angepasst. Statt im offenen Meer jagen sie in der engen Magellanstrasse. Statt Laternenfische und Kalmare fressen sie Falkland-Sprotten, die üblicherweise nicht auf ihrem Nahrungsplan stehen, in der Magellanstrasse aber reichlich vorhanden sind.

Die Königspinguine tauchen weniger tief, weniger lang und ihre Jagdausflüge sind deutlich kürzer als die ihrer Artgenossen. Sind die Elterntiere anderer Kolonien während der Brutzeit abwechselnd durchschnittlich 10 Tage auf der Jagd, sind es bei den Feuerland-Pinguinen nur 4,5 Tage. 

Auf der Jagd: Ein Feuerland-Königspinguin macht Jagd auf einen Schwarm Falkland-Sprotten

All dies zeugt von der einzigartigen Anpassungsfähigkeit der Tiere. Warum sich die neue Kolonie überhaupt gebildet hat, ist noch nicht geklärt. Forscher*innen vermuten, dass es eine Reaktion der Art auf den fortschreitenden Klimawandel ist. Er zwingt die Tiere, neue Lebensräume zu besiedeln. 

Jahrelange Forschungsarbeit
All diese Erkenntnisse sind das Resultat jahrelanger Forschung. Meeresbiologe Klemens Pütz hat die Feuerland-Kolonie über mehrere Jahre hinweg erforscht. Ausgewählte Tiere wurden besendert und mit Kameras ausgestattet. Andere Tiere erhielten einen Tiefenmesser, weitere einen Satellitensender. Forscher*innen untersuchten den Mageninhalt verschiedener Tiere und führten Feldbeobachtungen durch – ermöglicht auch durch die Unterstützung des Zoo Zürich.

Und schnapp! Der Königspinguin holt sich eine Sprotte.


Ende des Jahres wird Pütz erneut zur Kolonie nach Bahía Inútil aufbrechen, um seine Forschung weiterzuführen. Mit dabei sein wird dann auch Robin Cristofari von der Universität Helsinki. Zusammen wollen sie die Tiere chippen, um noch mehr über die Ernährungsökologie und das aussergewöhnliche Verhalten der Pinguine herauszufinden.

Die Kombination machts
Als Kontrollgruppe für dieses Forschungsvorhaben dienen die Königspinguine bei uns im Zoo Zürich. Auch ihr Ernährungsverhalten wird dazu genau untersucht. Denn anders als ihre Artgenossen in Feuerland erhalten sie ihr Futter täglich frisch serviert.

Das Zusammenspiel von Forschung im Feld und Forschung im Zoo liefert Erkenntnisse, die jede Forschung für sich allein nicht liefern könnte. Erst alle Puzzleteile zusammen ergeben ein vollständiges Bild.

Für die Forschung: Klemens Pütz (l.) rüstet mit einer Kollegin einen Feuerland-Königspinguin mit einem Datenlogger aus.

Auch deshalb hat der Zoo Zürich aus seinen 8 weltweiten Naturschutzprojekten 17 Naturschutzbotschafterinnen/-borschafter verpflichtet. Sie sollen greifbar machen, wie die Zusammenarbeit mit unseren Naturschutzpartnern vor Ort abläuft und warum diese so wichtig ist.

Hier stellen sich alle 17 Persönlichkeiten vor:

Künftig werden die 17 Naturschutzbotschafterinnen- und Botschafter regelmässig Einblick in ihre tägliche Arbeit vor Ort geben. Sie dokumentieren ihre Aufgaben, erzählen von spannenden Ereignissen und teilen Neuigkeiten mit.

Auch diese Kombination gibt es so nur auf Feuerland: In Bahía Inútil treffen Königspinguine auf einen Amerikanischen Bieber

Neben Bildung und Forschung zählen auch Arten- und Naturschutz zu den Hauptaufgaben eines modernen, wissenschaftlichen geführten Zoos. Der Zoo Zürich engagiert sich bereits seit vielen Jahren weltweit in acht Naturschutzprojekten. Einen Überblick über alle Projekte gibt es hier:

Zürichbergstrasse 221
8044 Zürich
044 254 25 00

www.zoo.ch

Das könnte Sie auch interessieren:

Vielfacher Vogelnachwuchs

Hochbetrieb im Masoala Regenwald: Verschiedene Vogelarten sind am Brüten oder bereits mit der Aufzucht der geschlüpften Küken beschäftigt. Über welchen …

Neues Fischotterpaar

Anfang Juni zog im Zoo Zürich das junge aus Dänemark angereiste Fischotterweibchen Cleo ein. Nach einigen Tagen des Eingewöhnens traf …