Im vergangenen März fand im Zoo Zürich eine Prozession der besonderen Art statt: 19 Tierpflegerinnen und -pfleger des Zoo Zürich transportierten sechzig Chileflamingos von ihrer bisherigen Anlage im heutigen Pantanal in ihr neues Zuhause auf der Vogelwiese. Und zwar jeden Vogeln einzeln, von Hand. Grund für den Umzug ist der Baustart für die Pantanal-Voliere. Während vier Jahren entsteht anstelle der heutigen Anlage ein komplett neuer Lebensraum.
Die meisten der bisherigen Pantanal-Bewohner sind in den vergangenen Wochen in andere Zoos umgezogen; manche auch nur in andere Anlagen innerhalb des Zoos. Der Transfer der Flamingo-Kolonie bildete nun den Abschluss dieses Prozesses. Das neue Zuhause der Chileflamingos ist die Vogelwiese. Dort verbleiben sie, bis die neue Pantanal-Voliere fertiggestellt ist.

«Séparée» und Bodenheizung
Damit sich die rosaroten Vögel in ihrem Übergangszuhause wohl fühlen, haben die Zoomitarbeiterinnen und -mitarbeiter in den letzten Wochen die Vogelwiese auf die Bedürfnisse der Flamingos angepasst. Sie haben einen Teil speziell für die Übergangsgäste abgetrennt und den Wasserbereich neu gestaltet. Unter anderem haben sie stellenweise eine Bodenheizung eingebaut, damit das Wasser im Futterbereich auch im Winter nicht zufriert.

Den Umzug nutzten die Tierpflegerinnen und -pfleger gleichzeitig, um alle Vögel einer medizinischen Kontrolle zu unterziehen. Nach erfolgreichem Check trugen sie die Vögel dann in die neue Anlage – jedes Tier per händischem Privattransport. Die Chileflamingos verbleiben nun bis 2028 auf der Vogelwiese – dann wird die neue Pantanal-Voliere eröffnet.

Achtung, fertig, Voliere: Baustart
Nach dem Umzug der Flamingos geht es endlich mit dem Bau der Pantanal-Voliere los: Während der nächsten vier Jahre schaffen Bauprofis und Baumaschinen am Ort der heutigen Pantanal-Voliere einen komplett neuen Lebensraum. Die neue Anlage wird rund 11’000 Quadratmeter gross und von einem Netz in bis zu 35 Metern Höhe überzogen. Sie setzt neue Massstäbe und vereint alle vier Pfeiler eines modernen wissenschaftlich geführten Zoos in sich: Naturschutz, Artenschutz, Forschung und Bildung.

Der Bau wird dabei einige spektakuläre Moment bieten. Etwa die Montage der über 100 Meter langen Stahlträger mithilfe eines der grössten Pneukrans der Welt. Oder das Spannen der 13’500 Quadratmeter Netzfläche. Die Anlage geplant hat die vetschparnter Landschaftsarchitekten AG mithilfe verschiedener Partner.
Neue Perspektiven
Für die Zoogäste ist die Baustelle selbst zwar nicht zugänglich – das Geschehen auf dem Bauplatz können sie aber trotzdem mitverfolgen. Denn während der Bauzeit gibt es für die Zoobesucherinnen und -besucher eine neu erstellte Passerelle. Diese führt in bis zu fünf Metern Höhe über verschiedene Anlagen im oberen Bereich des Zoos. Auch eine Aussichtsplattform gehört dazu. Das gibt nicht nur Sicht auf die Baustelle, sondern ermöglicht auch ganz neue Einblicke in andere Tieranlagen.

Regen- und Trockenzeiten
Vorbild für die Pantanal-Voliere ist das gleichnamige Feuchtgebiet in Südamerika. Und genau wie dieses Feuchtgebiet wird auch die Voliere regelmässig überflutet werden. Der Zoo simuliert damit die für Feuchtgebiete typischen Trocken- und Regenzeiten.
Ein Boden, der regelmässig geflutet wird, muss einiges aushalten. In einer Testanlage wird deshalb bereits seit vielen Monaten geprüft, welche Pflanzen mit diesen besonderen Bedingungen zurecht kommen.
Die neue Anlage wird das Zuhause für fünfzehn zum Teil stark gefährdete Tierarten. Dazu gehören etwa Sonnensittich und Goldgelbes Löwenäffchen, aber auch Flachlandtapir, Ameisenbär und Springtamarin. Und natürlich viele verschiedene Vogelarten wie Rotschwanzamazone, Chileflamingo und Hyazinthara.
System «WG»
Die verschiedenen Tierarten werden vergesellschaftet zusammenleben, sich die Anlage also quasi als «WG» teilen. Der Zoo pflegt diese anspruchsvolle aber sehr fortschrittliche Art der Tierhaltung bereits im Masoala Regenwald und zum Teil in der Lewa-Savanne.

Durch das Halten dieser Tiere kann sich der Zoo an den entsprechenden Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen (EEP) beteiligen und so zum Erhalt der Arten beitragen. Für die Hyazintharas koordiniert der Zoo Zürich das Zuchtprogramm sogar.
Forschen für den Artenschutz
Die Pantanal-Voliere macht es weiter möglich, unter kontrollierten Bedingungen zu forschen, zum Beispiel zum Paarungs- und Brutverhalten von Papageien. Die Erkenntnisse daraus sind wichtig für den Schutz der bedrohten Vogelarten.

Naturschutz vor Ort
Auch vor Ort in Brasilien setzt sich der Zoo Zürich für das Pantanal und seine Artenvielfalt ein. Seine Partnerorganisation «Arara Azul» installiert unter anderem künstliche Nistkästen für wildlebende Hyazintharas. Auch das engmaschige Monitoring der Vögel gehört dazu.


